Wie kommt der Sauerstoff bei körperlicher Anstrengung in unsere Muskeln?
Unsere Muskulatur macht beim jungen männlichen Erwachsenen etwa 40% unseres Körpergewichts aus, bei der Frau mit 35% etwas weniger. Mit dem Alter reduziert sich die Muskelmasse zwischen dem 25. und 75. Lebensjahr um fast 50% ( jährlich 1%), was sich durch regelmäßiges sportliches Training fast komplett verhindern lässt.
Die höchste Stoffwechsel-Aktivität und damit auch den höchsten Sauerstoffbedarf haben unsere Muskeln und unser Gehirn - bei letzterem unter Ruhe und Aktivität praktisch gleichbleibend, wohingegen unsere Muskulatur ihren O2-Bedarf von 0,25L/min unter Ruhebedingungen um über das 10-fache auf gut 3L/min steigern kann, bei Hochleistungssportlern sogar auf über 6 L/min (das 20-fache des Sauerstoffverbrauchs in Ruhe!).
Diese maximale O2-Aufnahme gilt in der Sportmedizin als "VO2max" (maximale Sauerstoffkapazität) als der Goldstandard für die Einschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Fitness.
Grob kann man 1 LO2/min mit 100Watt Leistung, etwa auf dem Fahrradergometer, gleichsetzen.
Wie nun schafft es unser Körper, unter starker Anstrengung so viel Sauerstoff an den "Endverbraucher Muskelzelle" heranzubringen?
Vor diesen Endverbraucher sind bekanntlich die Atmung für die O2-Aufnahme und der Blutkreislauf für den O2-Transport im Körper zwischen Lunge und Muskulatur vorgeschaltet. Atmung und Kreislauf müssen also bei körperlicher Anstrengung ähnliche Steigerungsraten aufweisen können. Das tun diese in der Tat: unsere Ruhe-Atmung mit etwa 8-12 Atemzügen pro Minute mit jeweils 1/2 Liter Zugvolumen (5 L/min) lässt sich mit über 50 Atemzügen/min bei bis 3 L Zugvolumen z. B. auf eine etwa 20-fache Ventilation (100 L/min) steigern - und unsere "Pumpe" kann ihr "Herz-Zeit-Volumen" in Ruhe von nur 5 L/min beim Gesunden durch den Pulsfrequenz-Anstieg auf 200/min minus Lebensalter und die Erhöhung seines Schlagvolumens von vielleicht 80 auf 120ml ebenfalls dramatisch auf das 5 bis 10-fache erhöhen.
Der Endabnehmer Muskelzelle seinerseits kann sich nun diesem „generösen" Versorgungsangebot an O2 gegenüber dankbar erweisen, indem er die Sauerstoff-Abschöpfung aus den ihn umgebenden Kapillaren zusätzlich optimiert: er tut dies vor allem durch eine Trainings-induzierte Vermehrung seiner Stoffwechsel-Organellen, den Mitochondrien. Normalerweise nehmen wir von den eingeatmeten 20,9% Sauerstoff in der Luft nur ca. 8% auf und geben in der Ausatmungs-Luft 12-13% wieder ungenutzt an die Umgebung zurück. Hier kann regelmäßiges Training über unsere Mitochondrien-Zahl die Entnahme-Spanne etwas verbessern - wir sind dann wieder beim Begriff der "Ökonomisierung der Körperperipherie"... Die Mitochondrien benötigen nur 0,3 Sekunden zur Entnahme des Sauerstoffs aus den angrenzenden Kapillaren, das ist kurz im Vergleich zur „Kontaktzeit“ von etwa einer ganzen Sekunde. Bei unserer Atmung muss man immer bedenken, dass die bewegte Luft immer zu ¼ Liter innerhalb des sog. „Totraums“ verbleibt, d.h. im Bereich der zuführenden Luftwege der Trachea und großen Bronchien hin und her bewegt wird, die Lungenbläschen gar nicht erreicht, also am Gasaustausch nicht teilhaben kann.
Das Endprodukt im Energie-Umsatz - das Kohlendioxyd – hat eine 20-fach bessere Löslichkeit im Blut und Wasser als der Sauerstoff, seine komplette Entsorgung über die Lunge gelingt damit einfach und zuverlässig, zumal das Druckgefälle sehr groß ist, da unsere Umgebungsluft nur eine vernachlässigbar geringe Konzentration an CO2 hat. Bemerkenswert ist die hohe konkurrierende Affinität von Kohlenmonoxyd an unseren Sauerstoff-Transporteur Hämoglobin, die 200 mal größer ist als die von Sauerstoff, dies ist der Grund, warum chronische Raucher durchweg bis zu gut 10% ihres Hämoglobins durch CO besetzt halten und damit automatisch ihre Leistungsfähigkeit um diese 10% einschränken. Wenn unser O2-Transportsystem hierdurch – ähnlich übrigens wie bei einem Mangel an roten Blutkörperchen (Anämie) – vermindert wird, reduziert sich damit proportional auch unsere maximale Leistungsfähigkeit und Fitness.
Haben wir jedoch gesundes und Co-freies Blut, resultieren unter'm Strich opulente Trainings-Ressourcen: es kommt in der Muskulatur genügend Sauerstoff an und die Entnahme-Menge an O2durch den Muskel nimmt trainingsbedingt noch zu!
H. E.