Bremer Hockey-Club e.V.
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Wie ist das mit Sport bei chronisch Herz- oder Lungenkranken?

Beiden Krankheitsgruppen ist gemeinsam, dass sie körperliche Anstrengungen oder sportliche Belastungen nicht mehr ertragen – aber ist bei ihnen deshalb ein sportliches Training verboten? Keinesweg!

Um Erklärungen und um hier eine Antwort zu finden, muss man sich zunächst klar machen: was geschieht eigentlich  beim Normalen, d. h. beim Gesunden mit der Anpassung  der Herz-Kreislauf- und Lungenfunktion bei körperlicher Anstrengung bzw. sportlicher Belastung.

Im 2. Gang schauen wir dann, was beim Herz- und beim Lungen-Kranken nicht mehr normal oder ganz anders funktioniert.

Im 3. Schritt möchte ich dann aufzeigen, wie mit Tricks eine partielle Annäherung der eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit der Herz-und Lungen-Kranken an das Normale gelingen kann - und hier gibt es bei beiden Krankheitsbildern durchaus ähnliche Ansatzpunkte.

Also zunächst zum Gesunden:

Bei körperlicher Anstrengung u. sportlicher Belastung haben wir in der peripheren Muskulatur einen höheren Energiebedarf der eine Zunahme des Sauerstoff-Transports zum Muskel erforderlich macht, die ja bekanntlich nach Auf-Sättigung in der Lunge durch die -O2-Kopplung an den Blutfarbstoff Hämoglobin erfolgt.

Wenn unter Ruhebedingungen unser Herz einen Bluttransport von ungefähr 4L /min bewerkstelligt, muss es diese Kreislaufleistung unter  Arbeitsbedingungen deutlich steigern, sagen wir auf gut 10L/ min.

Um diesem Mehrbedarf nachzukommen, hat das gesunde Herz zwei Anpassungs-Mechanismen:        

1. es beschleunigt seine Schlagfrequenz (Puls) und

2. es erhöht sein Schlagvolumen bei gleichzeitiger Weitstellung der zuführenden Arterien der anfordernden Muskulatur, sagen wir von ungefähr 80 auf 120 ml pro Schlag.

Beide Größen zusammen ergeben das sog. „Herz-Zeit-Volumen“ (HZV) bzw. das „Herz-Minuten-Volumen“ (HMV), das dann zugleich ein Maß für den O2-Verbrauch darstellt, für dieses haben wir bei maximaler Anstrengung die Bezeichnung  „maximale O2-Kapazität“ (VO2max), mit der wir  - dann körpergewichtsbezogen - z. B. auch die Ausdauerleistungsfähigkeit eines Sportlers bewerten.

Der Patient mit einer chron. Herzschwäche hat nun eine dieser Anpassungs-Mechanismen weitgehend verloren:

der kranke Herzmuskel kann sein Auswurf-Volumen praktisch nicht mehr oder nur noch sehr geringfügig steigern. Er kann sich an die vermehrte Arbeitsanforderung nur noch mit einer Erhöhung der Pulsfrequenz anpassen, hier aber gibt es bei den meisten Herzkranken ein großes Problem, hier droht sogar Gefahr.

Warum: Der Herzmuskel selbst bekommt seine Blutzufuhr über die sog. Herzkranzgefäße, die - zunächst außen auf dem Herzen verlaufend - ihre Verästelungen von dort in den Herzmuskel hineinführen, dabei ist die Herzinnenschicht quasi die letzte Wiese bei der Blutversorgung.  

Während nun das Herz sich für den Auswurf eines Schlagvolumens kontrahiert (wir nennen diese Phase Systole), werden die kleinen selbstversorgenden Arterien des Herzmuskels zusammengedrückt, in dieser Phase wird das Muskelgewebe  nicht durchblutet, es bekommt sein   O2-reiches Blut erst wieder in der Schlag-Pause, der sog. Diastole.

Bei einer belangvollen Pulsfrequenzbeschleunigung verkürzt sich besonders diese diastolische Herzpause und damit der Zeitraum für die eigene Blutversorgung, was kritisch besonders für die durchblutungsgestörten Herzen ist, die einen Großteil der chron. Herz-Schwäche-Patienten ausmachen. Hinzu kommt, dass die empfindlichste Struktur des Herzens, das elektrische Reizleitungssystem, in der am schlechtesten durchbluteten Innenschicht des Herzens lokalisiert ist  (letzte Wiese“), was bei einer deutlichen Pulsfrequenzbeschleunigung zu einer kritischen "Elektro-Instabilität“ mit lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen und sogar Kammerflimmern führen kann.

Wie kommen wir nun beim körperlichen Training der Herzinsuffizienz-Patienten aus diesem Dilemma heraus? Ganz einfach: Wir überlisten das Herz:

Wir belasten eine nur begrenzte Muskelgruppe, diese zwar rel. kräftig, aber nur kurz, so kurz,  dass das Herz gerade erst merkt, dass sich in der Peripherie etwas tut, es beginnt gerade erst mit der Pulsfrequenz-Anpassung nach ungefähr 30-60 sec, und hier machen wir dann schon wieder eine Belastungspause, etwa eine Erholungspause von 1-2 min.

Höhere, kritische Schlagfrequenz- Bereiche erreichen wir gar nicht erst oder wir tangieren sie nur sehr kurz. Dieses Trainingskonzept nennt man HIT (hoch)-intensives Intervalltraining.

Man weiß, das der chronisch Lungen-Kranke , der Patient mit einer COOP, in der Regel auch ein Herzproblem entwickelt, nämlich eine Überlastung seiner rechten Herzkammer. Schon hiermit ergibt sich bei einem sportlichen Training bei COPD-Patienten bereits die Notwendigkeit einer ähnlichen Rücksichtnahme:

D.h. wir müssen schon deshalb bei beiden Patientengruppen das kranke Herz, dem wir keine hohen Pulsfrequenzen mehr zumuten dürfen, in der genannten Weise  überlisten.

Es spricht überhaupt nichts dagegen, das Intervall-Trainingsprinzip auch beim chronisch Lungenkranken in den Vordergrund zu rücken, auch der hat nämlich ein Problem, unter Belastung vermehrt O2 in die Körper-Peripherie, in die Muskulatur zu bringen und er profitiert gleichermaßen von einer antrainierten besseren peripheren Sauerstoffabschöpfung.

Das Problem des langjährigen Rauchers mit COPD ist die Unfähigkeit, sich bei körperlicher Anstrengung mit vermehrter und vertiefter Atmung selbst bei normalen Kreislaufbedingungen an den höheren Sauerstoffbedarf anzupassen: Wo ein Normaler sein Atemvolumen unter Belastung von 3L/min locker auf über 30 L/min steigern kann und muss, ist diese Fähigkeit zur Zunahme des Atemvolumens durch die Enge und Spastik der kleinsten Bronchien beim chronisch Lungenkranken kaum noch möglich. Im Gegensatz zum "nur Herzkranken" hat der COPD-Patient bei körperlicher Anstrengung  Schwierigkeiten, seine Atemwegs-Obstruktion, die Atemwegs-Enge zu kontrollieren und die bei Anstrengungen meist eintretende Zuspitzung durch eine erlernte Atemtechnik zu meistern. Hier muss jeder Trainings-Impuls zweigleisig und dabei quasi paritätisch erkannt und umgesetzt werden, es gilt hier nicht nur, das Herz nicht zu überfordern, sondern zugleich die Grenzen der Atmungs-Kapazität permanent wahrzunehmen und einzuhalten. 

Improvisierte Pausen können individuell mit entsprechender Atemübung erforderlich sein - unabhängig davon sind Atmungs-orientierte Übungen und Pausen ohnehin vordergründiger Bestandteil der Übungsstunde bei COPD-Patienten.

Auch bei COPD-Patienten  erreichen wir in einem Intervall-Training bei der kurzzeitig mit einer relativ intensiven Kraft eingesetzten Muskelgruppe den angestrebten Trainingsreiz, vor allem dann, wenn wir die Belastung im Sinne eines Intervall-Trainings in einer Serie von 10-15 mal wiederholen, dies ist ja auch beim Krafttraining in Fitness-Einrichtungen - aber auch in der Athletik-  ein längst bewährtes Prinzip.

Nur mit diesem Trick wird ja auch verständlich, dass wir beim schwer Herzkranken heute an Kraftgeräten trainieren, noch vor 20 Jahren hätte man dies als gefährlich und verrückt eingeordnet.

Wo liegt nun eigentlich der Gewinn eines solchen sog. intensiven - oder sogar hochintensiven - Intervalltrainings bei einem schwer Herz- oder Lungenkranken, dessen Herz selbst - Krankheits-bedingt -nicht mehr trainierbar ist?

Wir ökonomisieren die Peripherie, wie man so schön sagt, d.h. wir befähigen die Muskulatur,  bei Bedarf dem Blut mehr Sauerstoff zu entnehmen, weil sie durch den Trainingsreiz mehr Blut und Sauerstoff  führende  Kapillaren und in ihren Zellen mehr O2-aufnehmende und verarbeitende Mitochondrien gebildet hat, was dann dazu führt, dass unsere Muskulatur letztlich bei gleich schlechter Leistung unserer Kreislauf- Pumpe einerseits oder bei einer weiterhin reduzierten Ventilations-Kapazität  andererseits deutlich mehr leisten kann.

Dieses Konzept unterscheidet sich deutlich von einem moderaten Ausdauertraining:

Das Herz braucht bekanntlich, wenn wir es einer Ausdauerbelastung - etwa auf einem Fahrradergometer - aussetzen, ungefähr 2-3 min, um in einen steady state zu kommen,     d. h., um sich an die Belastung auch mit der Pulsfrequenz  angemessen anzupassen.     Beim Intervall-Training bleiben wir bei allen Übungen deutlich unter dieser Anpassungszeit, indem wir etwa bereits nach 20-30 Sek  Belastung eine 1-2-minütige Pause einlegen: das Herz wird also in seiner Intensitäts-Wahrnehmung der geforderten Muskelarbeit quasi betrogen – eben überlistet.

Mit „List und Tücke“ kann man also durch ein spezielles Training auch schwer Herz- und Lungenkranke wieder dazu bringen, dass sie problemlos eine Wasserkiste heben und eine Treppe mit 15-20 Stufen schaffen, ohne stehen bleiben zu müssen.

In der redbox üben wir so etwas!

H.E.