Bremer Hockey-Club e.V.
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"Natural Running" - laufen wir richtig?

Eine Rückkehr zum Barfußlaufen ("natural running") ist seit geraumer Zeit die Empfehlung kundiger Sportmediziner, so gibt es z Zt. auch nahezu keinen großen Sportschuh-Hersteller mehr, der nicht seine Palette durch "Barfußschuhe" ergänzt hat. Was steckt dahinter?

Über Jahrzehnte war die Sportschuh-Entwicklung geprägt von dem Paradigma "dämpfen, stützen, führen", speziell in den 80-iger und 90-iger Jahren lag der Fokus zunächst auf der Verbesserung der Dämpfung. Zur Vermeidung vermeintlicher Knorpelschäden (individuell durchaus einmal ein sinnvoller Standpunkt) wurden jedes Jahr neue Dämpfungs-Systeme auf den Markt gebracht.

Zur Überraschung der Sportmediziner nahm die Zahl der lauf-assoziierten Erkrankungen trotz ausgefeilter Dämpfungs-Systeme zu, speziell wurden bald die mit überdimensionierten Fersen-Dämpfungen aufgerüsteten Schuhe von Läufern mit der Entstehung von Achillessehnen-Beschwerden in Zusammenhang gebracht.

Auch die zum physiologischen Lauf gehörige "Pronationskontrolle" ( die leichte Auswärtsbewegung von Vorfuß und Ferse beim Abrollen) wird  durch die "Bauhöhe der gut gedämpften" Sportschuhe infolge einer Rückfuß-Instabilität verschlechtert. Die ausgewogene Pronation ist an sich schon ein wichtiger Baustein der körpereigenen Dämpfung.

Durch eine Absatzdicke von15-24mm wird der Hebelarm auf das untere Sprunggelenk nahezu verdoppelt. Entsprechend kommt es nach Belastung der durch den Dämpfungskörper erhöhten Ferse  im folgenden Abrollprozess des Fußes zu einer ungewohnten abrupten, reißenden "Zügelungsbelastung" der die normale Pronationsbewegung kontrollierenden Muskeln M. tibialis posterior und (geringer) M. tibialis anterior, deren hierdurch bedingte Reizung (sog. exzentrische Belastung) führt zu erheblichen schmerzhaften Laufbeschwerden an der Muskel-Ansatzstelle in Unterschkelmitte, wie wir sie bei mehreren unserer Hockey-Kader-Mädchen im vergangenen Jahr erlebt haben. Das durch das Dämpfungsmaterial verspätet auftretende und abrupte Auswärtskippen der Ferse muss der M. tibialis post. bei diesen Sportschuhen ruckartig  -  und seinerseits nun ungedämpft - auffangen.

Wie aber sollte der ideale Sportschuh gebaut sein?

Hierzu macht es Sinn, viele 1000 Jahre zurück in die Entwicklung des Menschen zu blicken. Nach der Entwicklung des aufrechten Ganges waren die Menschen lange Zeit zwischen 20 und 50 km pro Tag als Buschmänner unterwegs, also mit Distanzen, die dem Trainingspensum eines Langstreckenläufers heute nicht unähnlich sind. Nun haben wir heute mit Teer, Schotter und Beton oft aber natürlich ganz andere Untergründe als die Steinzeitmenschen, also müssen schon Kompromisslösungen gefunden werden mit innovativen Schuhkonzepten, die neben den Schutz gegen Kälte und Verletzungen eine "harmonische" Minimal-Dämpfung gewährleisten, je nach individuell bevorzugtem Untergrund! Allerdings muss der Fuß auch wieder viele Halte- und Stabilisierungsaufgaben wahrnehmen, die ihm heute durch konventionelle Schuhe zumindest teilweise abgenommen werden. Dies ist dann auch schon die Kehrseite der Medaille der an sich genialen Idee durch "Barfußschuhe" die negativen Aspekte der "so schön gedämpften" Sportschuhe möglichst auszuschalten. In unserem Club haben wir glücklicherweise eine Kooperation mit einer Gangschule, dem „Zentrum für Orthopädie und Bewegungsanalyse“ (www.laufanalysen.com)..., jeder kann sich hier noch ergänzend individuell Rat holen.

west nu besched?

Doc E.

In Anlehnung an einen Artikel von Prof. M. Walther, Zentrum f. Fuß- u. Sprunggelenkschirurgie, Schön Klinik München Harlaching in "Deutsche Zeitschrift f. Sportmedizin, 63, Nr 4 (2012)"